Superintendent Spohr 1732

 

Karl Friedrich Spohr
Superintendent Spohr, Schöppenstedt


geb. 17.3.1732
in Deensen


  Karl Friedrich Spohr besuchte von 27.4.1751 die Universität in Helmstedt; wurde laut Reskript 1756 29./3. Pastor-Adjunkt seines Vaters in Deensen. 16.6.1757 trat er in eine gelehrte Kontroverse mit einem Amtsbruder (sehr wahrscheinlich seinem leiblichen Bruder, dem Pastor in Woltershausen) über die Frage: "Ob Gott seine Geschöpfe ewig strafen könne, die ihm ungehorsam werden in dieser Zeit". (Parrarchiv Deensen.) Die schon oben erwähnten Drangsale zur Zeit des Siebenjährigen Krieges beschreibt er in Aufzeichnungen über die Kirche von Deensen, die von seinen Bemühungen handeln, die Kirche restaurieren zu lassen, und den großen Schwierigkeiten infolge der Unruhen des Krieges, abgeschlossen 28.9.1769. (cf. Pfarrarchiv Deensen.) Über seine persönlichen Schicksale bei einer Ausplünderung Deensens (wohl 1759 nach der Schlacht bei Minden) heißt es da u.a.:
  "Da aber bei diesen betrübten Zeiten eine Invasion der französischen Truppen nach der andern geschahe, so geschahe es eines Abends, daß nach einem hartnäckigen Gefechte der Franzosen, welche ihr Lager zwischen Stadtoldendorf und Deensen aufgeschlagen hatten, mit den hannoverschen Jägern und den Lucknerschen Husaren, diese von jenen zurückgetrieben wurden, worauf die Franzosen in der Nacht in Deensen einen Einfall taten, den Leuten das Vieh raubten, Gelder erpreßten und dabei sich an der Einwohner Leib und Leben selbst vergriffen, wie den weil. Joachim Warnecke durch den Arm gestochen und andere auf andere Art gemißhandelt wurden. Bei diesem Schrecken sahe ich mich genötigt, nachdem ich in dieser betrübten Nacht unzählige Mal Lebensgefahr ausgestanden hatte, meine Wohnung zu verlassen und meines Lebens Sicherheit auf dem adel. Hofe zu suchen. Da ich nun des Morgens darauf erfuhr, daß ich gänzlich ausgeplündert sei und nichts behalten hätte, als was ich am Leibe trug, so war ich im Begriff, nach meiner Wohnung zurückzukehren, um zu sehen, ob auch meine Schriften ... verworfen wären, als ich unvermutet von der weil. Hochwohlgeb. gnädigen Frau v. Campe die unerwartete Nachricht erhielt, daß ich auf dem adel. Hause gesuchet würde, um von den Franzosen als Geisel zur Sicherheit der Brandschatz-Gelder mit fortgeführt zu werden. Da ich nun bei dasigen Umständen, da ich alles Geldes völlig beraubt war, nicht für ratsam hielt, mich als Geisel der Franzosen Gefangenschaft zu unterwerfen, so nahm ich eiligst, so wie ich ging und stand, die Flucht und begab mich nach den äußersten von meinen Filialen, nämlich nach Hellenthal, woselbst ich mich an die vier Wochen und überhaupt solange aufhielt, bis die Brandschatzgelder von Deensen bezahlt waren. ..."

   29.2.1772 wurde er zum Superintendent der Bevernschen Inspektion mit Beibehaltung seines Wohnsitzes ernannt und im Jahre 1788 als Superintendent nach Schöppenstedt versetzt.

   Einer kleinen Episode aus der Schöppenstedter Pfarre ums Jahr 1790 sei hier auf Grund einer mündlichen Familientradition gedacht. Der Superintendent und Frau waren verreist, die Söhne z.T. auf der Universität, z.T. auswärts in Stellung, nur die Töchter und eine Magd zu Haus, da brachen des Nachts Diebe ein, die es auf die Kirchenkasse abgesehen hatten. Die Mädchen wurden gefesselt und geknebelt, und die Diebe wollten schon mit ihrem Raube abziehen, als zufällig in derselben Nacht die Söhne von der Universität zum Besuch einrückten. Nichts Gutes ahnend, stiegen sie die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf und stießen im Dunkeln auf die Räuber. Es kam zu einem Handgemenge, wobei einer der Diebsgesellen die Treppe hinabgeschleudert wurde und ein Bein brach. Er wurde gefangen und verriet auch seine Komplizen. Wie erstaunte man aber, als es sich herausstellte, daß der Kirchendiener, der Ortsgendarm und ein ähnlicher Bediensteter die Einbrecher gewesen waren.

   Am 27. April 1806, am Sonntag Jubilate, feierte der Superintendent unter großer Teilnahme der Bevölkerung, der Verwandtschaft und der Behörden in glänzender Weise sein 50jähriges Amtsjubiläum, worüber die Kirchenakten (darunter auch Briefe Spohrs mit Familienwappen) ausführlich berichten. Im letzten Lebensjahre war seine körperliche Schwachheit so groß, daß er kaum von seinem Stuhle aufstehen und sich in seinem Zimmer bewegen konnte. Trotzdem er jetzt auch die Kanzel nicht mehr besteigen konnte, so gab er doch keine seiner Amtsverrichtungen an seinen Pfarradjunkten ab, sondern hielt seine Predigten, vor dem Altar auf einem Lehnstuhl sitzend. Etwa 8 Tage vor seinem Tode entschuldigt er sich gleichsam beim Konsistorium wegen seiner Gebrechlichkeit, indem er 21.12.1809 schreibt: "Ich habe gestern am Bußtage gepredigt, auch am 4. Advent und am 1. Weihnachts-Festtag will ich predigen, aber über den 2. Christtag habe ich die Predigt dem Herrn Kollaborator hierselbst übertragen, weil ich mich unvermögend fühle, 3 Tage hintereinander zu predigen. Meine Entkräftung nimmt täglich merklich zu, sodaß ich auch ohne Hülfe nicht mehr von einem Stuhl zum andern kommen kann. Wenn ich noch solange, bis das Laub ausbricht, mein kümmerlich Leben erhalte, so wird es alsdann allem Ansehen nach wohl mit mir zu Ende gehen. ..."

   Man beabsichtigte wohl, ihn bald nach Weihnachten in den völligen Ruhestand zu versetzen, da machte am 30. Dezember ein Herzschlag seinem Leben ein Ende, als er über die Sylvesterpredigt gebeugt im Lehnsessel saß.

   Seine Bibel mit vielen Aufzeichnungen über seine Familie ist vor einigen Jahren in Wendhausen wieder aufgefunden worden und in den Besitz der Familie (Rentner Erich Spohr, Braunschweig) zurückgelangt. Ein Teil seines Nachlasses (Bilder, Hausgerät) ist erhalten in der Familie des Kaufmanns Friedrich Spohr, Braunschweig.

Verheiratet hat sich Karl Friedrich Spohr:

a) 1762 14./10. in Rimmerode mit Dorothea Margarete Karoline Kotzebue, geb. 6.6.1741  in Fürstenberg a.W., gest. 20.7.1796 in Schöppenstedt. Sie war die Tochter des Amtmanns Gerhard Kotzebue in Fürstenberg und der geb. Maria Margarete von Hantelmann. Letztere war die Tochter von Kurd Levin von Hantelmann, Kanonikus-Senior von St. Blasien zu Braunschweig. Letzterer wieder der Sohn des Pastors Julius von Hantelmann und der geb. Dorothea von Kalm, einer Schwester von Heinrich Jürgen von Kalm, welcher 8.3.1697 in Braunschweig ein Familienstipendium für alle Nachkommen seiner Geschwister stiftete. Zu diesen zählen als empfangsberechtigt demnach auch die Nachkommen der Karoline geb. Kotzebue, mithin der ganze Schöppenstedter Zweig der Familie Spohr, der auch ein Anrecht auf das Dr. Ludolph Schradersche Familienstipendium zu Braunschweig vom Jahre 1589 hat.

(Bewerbungen an das Patronatskollegium z.Handen des Herrn Geh. Finanzrat Zimmermann, Braunscheig.)
   Karoline gehörte zu der Familie des bek. Lustspieldichters August von Kotzebue. Von ihren Schwestern war Franziska Amalia Juliane, geb. 23.8.1738, vermählt mit dem als Pädagogen hervorragenden Generalsuperintendenten Friedrich Wilhelm Richter in Braunschweig, Henriette Friederike Auguste mit dem Justizamtmann Andreas Teichmüller in Schöningen. Ihre Halbschwester Katharine Juliane Granzin war die Ehefrau des Pastors Spohr in Kirchbraak, eines Bruders des Superintendenten.

   Über K. Tod machte der Sup. in seine Familienbibel folgende Eintragung: "Anno 1796 den 20. Juli starb meine im Leben innig geliebte Frau Doroth. Marg. Caroline, geb. Kotzebue, des Nachts 1/2 12 Uhr am Schlagflusse, und mit ihrem Tode schwand die Ruhe meines Herzens, was den kurzen Rest meiner Lebenstage betrifft, auf immer. Sie wurde den 24. einsdem beerdigt."

b) Kurz darauf heißt es dann aber: "Anno 1797 den 11. May schon gab mir Gott die Ruhe meines Herzens wieder, durch die glückliche Verbindung mit meiner geliebten Auguste, geb. Schmidt, geb. 1759 den 26. März." Später berichtet er: "Anno 1802 den 4. Juni des Nachmittags 3/4 6 auf 6 starb meine innigst geliebte Frau Auguste, geb. Schmidt, am Nervenfieber. Gott lasse mich bald in ewiger Freude ihr Antlitz wiedersehen. Und er vergelte ihr ihre mir bewiesene innige zärtliche Liebe, mit vielen unendlichen Maßen himmlischer Glückseligkeit."

c) Aber das Jahr war noch nicht zur Rüste gegangen, 25.11.1802. entschloß er sich zu einer dritten Ehe mit Friederike Ernestine Sophie Christiane Silbermann, geb. 1757, gest. 1842 5./1. i. Schöppenstedt, der Tochter des Pastors Georg August Silbermann in Bahrdorf, diesmal aber, ohne das Faktum und seines Herzens Stimmung in der Familienbibel zu registrieren. ( *)Sup. Sp. begr. b. Schöppenst. Zweig d. Deensener Linie.

gest. 30.12.1809 in Schöppenstedt