Er besuchte die Lateinschule in Alfeld Nach den Ratsprotokollen der Stadt Alfeld beantragte am 29.12.1702 Heinrich Wittschiven
für Franzen Spohrs Sohn, so in Helmstedt studieret, die Verleihung des Rolfschen Stipendiums.
Die Matrikeln von Helmstedt enthalten aber nichts hierüber, wohl aber ist “Hartung Elias Spohr
aus Ahlfeldt” am 11.5.1702 in Jena immatrikuliert worden.
Hier hat sich Hartung mutmaßlich bis 1706 aufgehalten. Bis zu Ende des Jahres 1711 war er Instruktor bei den Kindern der verw.
Frau von Campe
auf dem Camphofe in Deensen. Inzwischen erwirkten ihm seine Mutter, seine Tante die Witwe des Ratsherrn
Heinrich Wittschiven, sowie sein Vetter der Bürgermeister Dickehut
durch ansehliche honoraria, die sie an den Ratsherrn Söding (nachmaligen Bürgermeister), den Stadtsyndikus
Dr. Reiche und den Superintendent Leopoldi
zahlten, die vakant gewordene Konrektorstelle an der Lateinschule (Gymnasium) zu Alfeld, um die sich Hartung
schon früher einmal beworben hatte. Die Stadtrechnungen geben zu 1.6.1712 an: “Bei Introduktion
des Herrn Konrektor Spohr haben die Schulkollegen, Organisten und Musikanten (aus der Stadtkasse) vertrunken: 2 Thaler und 2 Groschen.”
Im Jahre 1723 erhielt Hartung die Pfarrstelle in Deensen,
wozu die Filialdörfer Heinade und Hellenthal gehörten. Mit den Patronatsherren der Deensener Kirche, seinen ehemaligen
Zöglingen, stand er offenbar in sehr freundschaftlichem Verhältnis; denn nicht nur standen
die Mitglieder der von Campeschen Familie fast regelmäßig bei den Spohrschen Kindern Gevatter, sondern auch umgekehrt, z.B.
9.5.1742 und 29.6.1746 taufte er den nachmaligen bekannten Pädagogen und Jugendschriftsteller
Joachim Heinrich Campe, der ebenfalls dieser Adelsfamilie angehörte. Im Jahre 1756 wurde ihm sein zweiter Sohn
Karl heinrich als Pastor Adjunktus beigegeben. Im folgenden Jahre wurde Deensen und
das Pfarrhaus in die Drangsale des Siebenjährigen Krieges hineingezogen. 1758 und 1759 suchten Hungersnot und pestartige
Krankheiten das Dorf heim, sodaß keine Familie ohne Kranke und Tote war. Auch Hartung verlor
damals seine älteste Tochter Magdalena Martha
im blühenden Alter von etwa 18 Jahren. Nach der Schlacht von Minden 1759 wurde Deensen
von fliehenden Franzosen ausgeblündert und schwer heimgesucht.
Erst 1760 ließ die Not des Krieges etwas nach. Im nächsten Jahre starb Hartung am 15.Dezember im hohen Alter von 82 Jahren.
Verheiratet hatte er sich erst im 50.Lebensjahre 1729 in Halle (Braunschweig)
mit Sophie Marie Elisabeth Berkelmann
, der Tochter des Superintendenten Henricus Berkelmann in Halle, aus namhafter,
bereits 1590 blühender Gelehrten- und Beamtenfamilie. cf. Dr. Körner, Genealog. Handbuch, Bd. II, 30.
Die Freude währte aber nicht lange. Der neue Konrektor geriet in persönliche feindschaft mit dem Stadtsyndikus,
und der Magistrat fand nun auf einmal viel an ihm auszusetzen, er gäbe keinen
unentgeltlichen Privatunterricht, wie es seine Vorgänger getan, er verbringe dagegen lieber die Zeit beim Organisten mit
Kartenspielen und Kegelschieben. Auch habe er einmal vivit statt vixit gelehrt.
Ja, er tränke sogar Branntwein, so erklärte eines Tages der Syndikus gesprächsweise einigen Bürgern, die ihm auf dem
Kirchhofe begegneten. Das wurde Spohr hinterbracht, und als am anderen Tage der
Bürgermeister und der Syndikus seinen Unterricht visitieren wollten, verbat er sich sehr energisch das Eingreifen
dieser “Leyen”, indem er sie gar nicht zu Worte kommen ließ, sondern ihnen zurief, man solle ihn in
einem Amte nicht perturbieren, sondern sich zum Teufel scheren. Wegen dieser maledictiones erga patronos
verklagte der Magistrat den Konrektor beim Konsistorium in Hildesheim, und es kam zu einem langwierigen
Prozeß. Das Konsistorium suchte zu vermitteln, es schlug vor, Spohr solle Abbitte leisten und im Amte bleiben.
Dieser war erst dazu geneigt, doch beeinflußt und aufgehetzt durch andere Gegner des Syndikus , weigerte
er sich schließlich. Auch schien ihm nicht allzuviel an der Schulmeisterei zu liegen; denn als ihm eines Tages ein Freund zuredete, er solle sich doch mit dem Magistrat vertragen, erwiderte er, er
riskiere ja nur sein Amt und die Mühe zu informieren.
Das Konsistorium stellte sich übrigens im ganzen mehr auf Spohrs Seite und verlangte vor allem energisch,
daß ihm die von seiner Familie gestifteten hororaria zurückerstattet würden. Die einseitige Parteinahme des Konsistoriums erbitterte
den Magistrat so, daß er an das Kollegium der Visitatoren appellierte. Die Provokation wurde aber abgelehnt. Inzwischen hatte
Spohr in Holzminden (vermutlich durch Fürsprache des Konsistoriums) eine viel bessere Stellung erlangt,
wahrscheinlich eine Pfarrstelle.
- Jetzt verdoppelte er seine Angriffe auf seine Gegner, die er mit scharfen Worten der Simonie beschuldigte.
Wütend erhoben diese jetzt persönlich Beleidigungsklage, wurden aber vom Konsistorium abgewiesen und sogar zu den Prozeßkosten verurteilt;
und zwar mußte der am meisten zahlen, der die größten honoraria von der Familie des Konrektors erhalten hatte.
- Auf der Rückerstattung derselben hatte die Familie , um den Streit beizulegen, offenbar verzichtet.
Der schulgeschichtlich im einzelnen nicht uninteressante Prozeß dauerte von Juni 1713 bis Januar 1715 und umfaßte
ursprünglich wohl an die 100 Aktenstücke, von denen etwa 60, darunter eigenhändige Briefe des Konrektors sich erhalten haben.
cf. Akten der Stadt Alfeld. II consistorialia K. Nr. 1
(Pastor Hartung Spohr ist der Begründer der Deensener Linie. Siehe C)